Mit Absicht: Der Weg aus der Beliebigkeits-Falle

Nur wenige Unternehmen schaffen es, online mit ihren Themen bis zu den Menschen vorzudringen. Was das mit der Absicht bzw. Intention des Contents zu tun hat, erkläre ich in diesem Blog-Post.

Die erste Hürde: Sie müssen sichtbar sein. Das wird nicht nur durch Algorithmen erschwert, die im (Social) Web benötigt werden, um den Menschen die bestmögliche Nutzererfahrung zu bieten, sondern zunehmend von den Menschen selbst, die Inhalte filtern. Entweder indem sie diese ignorieren oder technisch ausblenden.

Die Unternehmen, die diese erste Hürde überwinden, bieten zur richtigen Zeit auf den richtigen Kanälen die für die Nutzer richtigen Inhalte. Und erzielen so ordentliche Aufrufzahlen und passable Interaktionsraten. Das heißt aber noch nicht, dass ihre Content-Strategie erfolgreich ist. Denn es gibt noch eine zweite Hürde, die vielen wegen einer akuten KPI-Blindheit nicht bewusst ist.

Content ist heutzutage beliebig geworden. Lasst mich das an einem Beispiel verdeutlichen: Supermarktketten produzieren Kochvideos, Krankenkassen produzieren Kochvideos, Energieversorger produzieren Kochvideos, Rezept-Webseiten produzieren Kochvideos, Medien produzieren Kochvideos und auch Einzelpersonen/Influencer produzieren Kochvideos.

Nun ist es durchaus so, dass Kochvideos stark nachgefragt werden. Die Unternehmen reagieren darauf und produzieren genau diese Inhalte. Nur wollten die Zuschauer vielleicht einfach nur Inspiration, ein konkretes Rezept oder Tipps zur Zubereitung bekommen. Mehr nicht. Hoher Nutzen für den Zuschauer, so gut wie kein Nutzen für das Unternehmen, das diese produziert.

Austauschbarer Content (= Wirkung) ist deshalb ein Problem, weil die Absicht dahinter fehlt (= Ursache). Welchem Unternehmensziel dient der Inhalt? Welche Reaktion ist beim Empfänger erwünscht?

PR und Marketing sind kein Selbstzweck, sie haben ein klares Ziel: Performance oder Branding. Erst wenn Inhalte auch diese Hürde meistern – also nicht nur für die Menschen, sondern auch für das Unternehmen relevant sind – haben sie das Potenzial, eine Wirkung zu erzielen.

Was ist zu tun?

  1. Schritt: Content-Ansatz korrigieren

Überprüfst du deine bisherige Content-Strategie kritisch, wirst du vielleicht feststellen, dass der Ansatz der Contenterstellung nicht stimmt. Stelle dir zwei Fragen: Ist das Produkt oder die Dienstleistung in einem Themenbereich angesiedelt, für den sich die Menschen von sich aus interessieren?  Ein Anzeichen könnte sein, dass es ein General-Interest-Magazine und -Seiten zum Thema gibt.

Und: In welche Kategorie ordnest du dein(e) Produkt/Dienstleistung ein: emotional oder rational? Je nachdem kannst du daraus ableiten, ob du besser auf eine auf Nutzer-Suche ausgelegte Website setzt oder du einen kontinuierlich bespielten Instagram-Kanal haben solltest, der Inspiration für Fans eines Themas (nicht deines Unternehmens!) bietet. Spoiler: Es könnte bei dieser Analyse sogar herauskommen, dass du gar keinen Instagram-Account oder keine Facebook-Seite benötigst.

  1. Schritt: Absicht definieren

Jeder Inhalt, den du produzierst, zahlt auf dein Ziel ein. Jedes langfristige Ziel sollte in mittelfristige und kurzfristige unterteilt werden. Ist die Intention des Contents geklärt, kann diese in der Kreation berücksichtigt werden.

  1. Schritt: Ziele korrekt messen

Indikatoren (KPI) sind nur Anzeichen für eine Entwicklung und bilden meist kurzfristige Ziele ab. Es ist daher falsch, sich nur auf diese Kenngrößen zu fokussieren. Je nach Ziel sollten weiter Maßnahmen wie die regelmäßige Ermittlung des Net-Promoter-Scores, Umfragen, Fokusinterviews, etc. folgen.

Foto: Jordan Whitfield von skuawk.com, lizensiert unter CC0 1.0

Content-Overkill: Weniger ist mehr

Jeder, der heutzutage Online-Content erstellt, weiß durch einen Blick in seine Statistik: Es ist zunehmend schwieriger, Resultate zu erzielen. Die Sichtbarkeit nimmt ab, es gibt weniger Nutzer-Engagement. Der Masse an unterperformanten Inhalten (90%) steht eine kleine Zahl an „Rockstar“-Content gegenüber (10%), der jedoch wiederum so viel Aufmerksamkeit bekommen hat, wie die 90% zusammengerechnet (dahinter steckt übrigens die sogenannte Pareto-Verteilung, siehe Grafik). Warum erstellen wir so viel unbedeutenden Content? Was läuft falsch? Wie können wir dem Content-Overkill gegensteuern?

Content-Overkill
Foto: Keng Susumpow, Quelle: Flickr, lizensiert unter CC BY 2.0

Gießkannenmethode

Es wird heute noch zu oft nach der Gießkannenmethode gearbeitet: Engagieren wir mal ein paar gute Inhalteproduzenten (Journalisten, Filmemacher, Fotografen, Social-Media-Gurus) und gucken, was von ihrem Output Früchte trägt. Das funktioniert nicht – wenn es das jemals hat. Überhaupt meine ich, dass ein auf Quantität aufgebautes System nicht erfolgreich sein kann, denn Qualität hat immer überproportional höhere Wirkung auf Nutzer im Vergleich zur Quantität.

Produktmanager

Was können wir also anders machen? Von wem können wir lernen? Ich meine: von Produktmanagern. Produktmanager möchten den größtmöglichen Nutzen mit ihrem Produkt erzielen. Sie greifen schon immer auf Daten zurück, um zu verstehen. Sie wissen immer, wie das Produkt in den Markt passt, und leiten daraus die richtigen Maßnahmen ab.

Optimum, nicht Maximum

Wenn wir die Denke von Produktmanagern übernehmen, bedeutet das auch eine Änderung unserer Arbeitsweise. Eine neue Strategie könnte sein: Weniger, dafür gewichtigeren Content erstellen, diesen dann aber „granularisiert“ über alle Kanäle zu verwenden. Aus jedem Großen werden so viele Einzelwerte wie möglich gezogen. Statt einer maximalen erhalten wir eine optimale Auslastung. Slow Media statt Content-Overkill.

„Journalismus ist potenziell immer live“

In Echtzeit berichten und mit dem Nutzer interagieren können – das sind für Christian Jakubetz zwei elementare Anforderungen zukunftsfähiger Journalisten. Welche Herausforderungen und Chancen es dabei gibt, erklärt der erfahrene Berater und Journalist in diesem Interview. Jüngst ist sein neues Buch Universalcode 2020* erschienen, einer Art Praxisratgeber für Digitaljournalismus.

Digitaljournalismus

Es ist kaum mehr ein klassisches Medienunternehmen nicht auch online präsent. Dennoch differenzieren Sie zwischen analogem und digitalen Journalismus. Was zeichnet einen digitalen Journalisten gegenüber seinem analogen Kollegen aus?

Christian Jakubetz: Digitaler Journalismus bedeutet in erster Linie Vielkanaligkeit, Interaktion, Multipräsenz und komplexe, verschiedene Darstellungsformen. Digitale Journalisten müssen sehr viel mehr kommunizieren und interagieren, das gehört quasi zum Berufsbild. Im Regelfall muss der Digitaljournalist sehr viel mehr Darstellungsformen beherrschen, er darf sich de facto keiner verschließen. Zudem können/müssen Digital-Journalisten jederzeit in der Lage sein, in einen Echtzeit-Modus zu wechseln.

Es tun sich laufend neue Möglichkeiten (Technologien/Plattformen/Formate) auf und es wird viel herum probiert. Da wird bspw. den „jungen Kollegen“ Snapchat überlassen und die legen dann mal „irgendwie“ los. Was muss anders laufen?

Christian Jakubetz: Prinzipiell spricht nichts dagegen, sich diesen neuen Dingen mit einem Trial&Error-Prinzip anzunähern. In vielen Fällen hat das aber auch mit einer Alibi-Funktion zu tun. Tatsächlich müsste in einem nächsten Schritt eine echte Struktur zur digitalen Weiterentwicklung geschaffen werden. Nur weil ein paar Kollegen auch einen Snapchat-Account haben, wird man noch lange nicht zukunftsfähig.

Foto: King_Peewee, Pixabay.com, lizensiert unter Creative Commons CC0
Foto: King_Peewee, Pixabay.com, lizensiert unter Creative Commons CC0 1.0

Jeder Journalist sollte heutzutage zumindest über den Tellerrand gucken und die Besonderheiten eines jeden Formats und jeder Plattform kennen. Sie gehen noch weiter und sagen, jeder sollte alles beherrschen. Kann mit diesem Ansatz Qualität entstehen?

Christian Jakubetz: Natürlich werden nie alle alles gleich gut beherrschen. Was ich meine ist: Jeder sollte zumindest alles verstehen. Wenn man also eine Ahnung hat, wo und wie Bewegtbild am besten funktioniert, dann reicht das aus. Wenn man zumindest weiß, wie man Bilder dreht und wie man sie grob bearbeitet, reicht das ebenfalls. Für alles andere hat es immer Spezialisten gegeben – und sie haben natürlich auch weiterhin ihre Berechtigung.

Echtzeit-Journalismus

Live-Ticker werden heutzutage fast schon inflationär eingesetzt. Welche Entwicklungen und Chancen sehen Sie im Echtzeit-Journalismus abseits dieses Formats?

Christian Jakubetz: De facto existiert schon jetzt eine zwei Säule im Journalismus – nämlich der Echtzeit-Journalismus. Ob nun Twitter, Snapchat, de facto eigentlich alle sozialen Netzwerke, ob nun Livestreams oder eben Liveticker: De facto ist jeder in der Lage, sofort in diesen Livemodus umzuschalten. Ich bin mir sicher, dass das in den kommenden Jahren auch keine großen Debatten mehr hervorrufen wird. Journalismus ist potentiell eben immer auch ein Livemedium. Nur dass Live künftig nicht mehr bedeuten muss, dass sich Millionen Menschen um eine einzige Übertragung versammeln. Live, das können theoretisch auch vier oder fünf Leute sein.

Ein Livestream kann heute von jedem Smartphone aus gestartet werden. Welche Besonderheiten und Herausforderungen gibt es hier?

Christian Jakubetz: Livestreams sind eine denkbar einfache Sache. Man darf sie nur nicht mit der klassischen Übertragung im TV verwechseln. Bei Livestreams rückt automatisch der „Host“ des Streams in den Mittelpunkt. Er ist nicht nur Moderator oder Interviewer, sondern gleichzeitig auch derjenige, der mit seinem Publikum interagiert. Ein Livestream ist also im Gegensatz zu seinem TV-Pendant eine hochgradig interaktive Veranstaltung.

Titel: Universalcode 2020. Content + Kontext + Endgerät*
Autor: Christian Jakubetz
Verlag: UVK Verlagsgesellschaft
ISBN: 978-3867646819

Mit Content Marketing durchstarten (Buchtipp)

Du hast erkannt, dass Content Marketing nicht nur ein Hype ist, sich die Komplexität in der Kommunikation stetig erhöht und brauchst zum Loslegen noch Input? Dann habe ich hier eine Leseempfehlung für dich.

Das Buch „Die Content-Revolution im Unternehmen“ ist mittlerweile ein Standardwerk für das Thema Content Marketing. Die Autoren Klaus Eck und Doris Eichmeier erklären darin, wie eine Strategie entwickelt und das Content Marketing praktisch umgesetzt wird.

Die übliche Soll-Ist-Analyse muss dabei aus mehreren Perspektiven gedacht werden. Alte Strukturen müssen mit der Einführung des Content Marketings zwingend überdacht werden (u.a. Rollen und Verantwortlichkeiten). Nötig sind Change-Prozesse, für die Klaus Eck und Doris Eichmeier auch gleich wichtige und praktische Tipps liefern.

Klar benennen sie typische Probleme wie das Silo-Denken und wie damit umgegangen werden kann. Die strategischen Überlegungen machen zwar den Hauptteil des Buchs aus, selbstverständlich betrachten die beiden Autoren aber auch taktische Prozesse wie die Contenterstellung, -kuratierung, Distribution und Vermarktung.

Fazit

Ein Standardwerk für das Thema Content Marketing. Content-Strategen bekommen hier wichtigen Input.

Titel: Die Content-Revolution im Unternehmen
Autoren: Klaus Eck und Doris Eichmeier
Verlag: Haufe-Lexware

Warum sich niemand für deinen Content interessiert

Du hast eine integrierte Content-Marketing-Strategie entwickelt, diese ist etabliert und du veröffentlichst schon längere Zeit „ganz guten“ Content über deine Kanäle. Dennoch bleibt der Erfolg aus? Dann bist du nicht alleine (das ist nicht tröstend gemeint) und das kann an einer ganzen Reihe an Problemen liegen. Anhand der folgenden Fragen kannst du überprüfen, woran das liegen könnte.  (mehr …)